Vademecum zum 2. Sonntag der Fastenzeit 2012

Die Sonntagsfragen

  • Ich bin durch die Lektüre des Buches „Glänzende Aussichten“ von Chr. Hennecke auf eine interessante Art, die in der USA Tradition ist, gestoßen, das Sonntags-Evangelium gemeinsam zu bedenken: Da gibt es immer die „Sonntagsfrage(n)“ zum Evangelium, wo alle Gläubigen eingeladen sind, zu bedenken und – das ist eben Kultur dort – die ganze Woche sich darüber auszutauschen. Jedes Treffen in der Gemeinde beginnt dort mit der Frage: „Und, was denkst du zum letzten Sonntags-Evangelium“? Ich möchte dies aufgreifen und diese Fragen zum Selber-Nachdenken und sich darüber Auszutauschen ans Herz legen:

Erprobung (Gen 22)

  • Die „Opferung Issaks“ ist schon „schwerer Tobak“. Es ist kein Wunder, wenn Menschen, die einen schweren Schicksalsschlag zu erleiden hatten, am „lieben Gott“ zu zweifeln beginnen: So die zornig – resignative Frage von Eltern eines neunjährigen Kindes, das vom Auto überfahren wurde: „Gott hat uns das Liebste  genommen! Wie kann ich angesichts des Leides noch an den lieben Gott glauben?“
  • Auch für mich ist diese Bibelstelle immer wieder irritierend: Natürlich steht im Hintergrund die Absage an Menschenopfer, wie sie in der Umwelt Israels damals noch üblich waren – aber relevanter ist für unser Leben diese Erfahrung: Gott ist manchmal der ganz andere, der nicht harmlose „Großvater-Gott“, dessen Zumutungen dann nicht mehr als „Zuwendung“ gesehen werden können ... er bleibt der „Irritiernde“.
  • Die Botschaft dahinter ist sicherlich, dass Gott uns nicht Glaubenserprobung erspart, auch nicht Leid und das Liebste hergeben zu müssen, das Aushalten der schwierigsten Lebensfragen, ohne eine einfache Antwort zu haben. Abraham steht für alle, die das Leiden, das Leiden der anderen und das oft so unerträgliche eigene Leiden nicht verstehen können - die aber trotzdem am Glauben an den unbegreiflichen Gott, als an den unbegreiflich "liebenden" Gott, festhalten.
  • Wie gehe ich mit Schicksalsschlägen und unerklärlichen Leid als Christ um? Wie denke und bete ich die VaterUnserBitte: „und führe uns nicht in Versuchung?“

Verklärung (Mk 9,2-10)

  • Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so erscheint, weil davon nicht direkt die Rede ist, handelt es sich um eine Gebetserfahrung mit Jesus. Immer wieder stieg er – meist allein – auf Berge / einsame Orte, um zu beten. Die Kontaktaufnahme mit seinem Vater und das Meditieren der Hl. Schriften – Mose steht ja für die Torah, Elija für die Prophetenbücher – erhellen sein Schicksal und für die Jünger wird dabei seine Gestalt durchsichtig für die Gegenwart Gottes in ihm. Vielleicht haben Sie auch schon Menschen beobachtet, deren Gesicht während des Gebetes aufstrahlt, oder sie fühlten sich beim Meditieren, beim stillen oder gemeinsamen Beten einfach glücklich…
  • Wo beten ich am besten? Ich habe eine Gebetsecke in meinem Zimmer, wo ich mich gut sammeln kann. Für Sie kann das ganz anders sein, z.B. auch wie bei Jesus in der Natur… denken Sie einmal darüber nach und kommen Sie vielleicht mit anderen darüber ins Gespräch!
  • Wann und wie haben Sie sich Gott am Nächsten gefühlt? Bei mir ist das am Stärksten in Begegnungen mit MitchristInnen, wenn wir über unsere Glaubenserfahrungen uns austauschen und wenn ich Eucharistie feiern darf. Wie ist das bei Ihnen? Was sind für Sie solche „Gipfelerfahrungen“ im Glauben, Momente in denen Sie sich eben ganz besonders mit Christus verbunden wissen?
  • Ein dritter Impuls: Die Szene ist ähnlich wie bei der Taufe Jesu: Die Stimme fordert die Jünger und durch den Text uns als Hörer auf, auf Jesus zu hören.
  • Wie können wir heute Seine Stimme hören? – Für mich ist es zunächst einmal dadurch, dass  ich in der Hl. Schrift lese und es als Lebenswort  für mich nehme. Dann auch dadurch, dass ich auf meine Gewissensstimme höre und mich für das Gute entscheide, und manchmal sind es Mitmenschen, die mir das, was Jesus mir sagen möchte, verdeutlichen. Freilich: Ich muss zugeben, manchmal bleibt es beim Hören – und ich handle nicht danach.
  • Die Frage an Sie zum Nachdenken: Wo und wie hören Sie in Ihrem Leben auf ihn? Ist für Sie die Hl. Schrift Wort des Lebens? Handeln Sie danach?
  • Noch ein vierter Denkanstoß: Jesus begann nach der Verklärung von seiner Auferstehung zu sprechen, und erst die nachösterliche Gemeinde hat diese Bibelstelle in ihrer Bedeutung erkannt: Die ganz neue Präsenz des Auferstanden ist ganz ähnlich der Erfahrung bei der Verklärung. Paulus wird dann nicht müde zu betonen: Die Getauften werden mit ihm auferstehen.
  • Ich denke, es ist für mich nicht so direkt die Frage WIE das sein wird, sondern vielmehr: Rechne ich damit, aufzuerstehen und auf neue Art lebendig zu sein – oder lebe ich wie die meisten Mitmenschen, die sagen: Das irdische Leben jetzt ist die einzige Gelegenheit? Welche Hoffnung erfüllt mich?